FIR-Jahrbuch 2021

10 / geworden sind, wie etwa die Mobilitäts-, die Produktions- oder die Energiewende. Kennzeichnend dafür ist jeweils, dass es nicht allein um die Anwendung von technischen Lösungen oder organisatorischen Konzeptionen geht, sondern um „neues Denken“, das auf der Basis grundlegender Erkenntnisse (Umwelt- und Klimawissenschaft, ganzheitliche Wertschöpfungsbetrachtung, Geschäftsmodellphilosophien etc.) innovative Wege zur Lösung wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen einschlägt, die fast alle nur durch den Einsatz digitaler Technologien umsetzbar sind. Welche Grundzüge die neue „Denke“ auf dem Dienstleistungssektor aufweisen muss, darüber gibt die Studie der DL2030-Forscher:innen eine wissenschaftliche Antwort. Es handelt sich imWesentlichen um 4 tragende Ereignisse: 1. Konsequente Kundenorientierung durch Digitalisierung Nicht die Technik an sich, nicht die Faszination eines Produkts oder einer Lösung darf in der Dienstleistungsgesellschaft die Innovationstriebfeder sein, sondern aus schließlich der Kundennutzen. Nur was die Kunden als wertvoll erachten, ist wahre „Wertschöpfung“. Alle Leistungen müssen daher individualisiert sein: Kon guration, Lieferoption, Nutzungsmodell und Kostenstruktur werden künftig durch digitale Technologie individuell zugeschnitten sein. Jede Dienst- leistung ist grundsätzlich skalierbar und lässt sich exibel neuen Gegebenheiten anpassen sowie nutzungsbasiert abrechnen. 2. Digitalisierung ermöglicht interaktive Wertschöpfung Wenn Wertschöpfungspartner in einem für alle Seiten vorteilhaften Prozess Ressourcen wie Know-how, Kompeten-zen etc. miteinander teilen, spricht man von „interaktiver Wertschöpfung“. Für ein optimal am Kundenwunsch orientiertes Wirtschaften ist diese Art der – durch Digitalisierung ermöglichten – Kollaboration jenseits von Misstrauen und kleinlichem Konkurrenzdenken unerlässlich. Dabei geht es nicht nur um Funktionalität der Services, sondern auch um Emotion, die die Kundenzufriedenheit entscheidend beein usst. 3. Everything-as-a-Service – diskontinuierliche Wertschöpfung Im Gegensatz zur klassischen Wertschöpfung mit relativ starren Produkt- und Dienstleistungslebenszyklen erscheinen die kurzgetakteten Innovationen der digitalen Welt als diskontinuierlich und disruptiv. Digitale Dienstleistungen lassen sich prinzipiell innerhalb von Minuten erneuern. Mit zunehmender Digitalisierung überträgt sich dieses Innovationstempo auf zahlreiche andere Branchen- und Wirtschaftssektoren. Digitale Schlüsselelemente wie Internetplattformen oder Clouddienste ermöglichen die Übernahme von Dienstleistungsmodellen für eine große Zahl von Wertschöpfungsbereichen auch im nicht-digitalen Umfeld und damit die Steigerung von Ef zienz und Pro tabilität. Die Beherrschung und Kontrolle der digitalen Komponenten im Wertschöpfungsnetzwerk wird damit zu einem entscheiden- den Wettbewerbsfaktor. 4. Dienstleistungsforschung als Treiber von Innovation und Transformation Für die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Deutschland sind vor allem die bürgernahen, systemrelevanten Dienstleistungssektoren von Belang – auch, weil sie die beschäftigungsstärksten sind. Dazu gehören etwa die Alltagsbereiche Mobilität, Bildung, Medien und Gesundheit. Deren Transformation durch digitale Innovationen ist daher von besonderer Dringlichkeit, wenn es um die Umsetzung der Dienstleistungswende geht. Lösungen, die hierfür entwickelt werden, müssen sicherstellen, dass die gesellschaftli-

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