FIR-Jahrbuch 2021

8 / Innovationsbedarf im Dienstleistungssektor Eine breit angelegte Digitalisierung sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors ist aber gerade Voraussetzung für innovative Dienstleistungsgeschäftsmodelle, die den Erfolg eines Standorts in der Zukunft bestimmen. Alle hoch- entwickelten komplexen Gesellschaften haben den Weg von der Agrar- über die Industrie- hin zur Dienstleistungsgesellschaft hinter sich gebracht. Dieser Trend wird sich weiter beschleunigen, wenn Digitalisierung und Automatisierung die Transformation in eine Wissensgesellschaft – die ja eine besonders anspruchsvolle Form der Dienstleistungsgesellschaft ist – bewirken. Insbesondere wenn es um derartige komplexe Servicekonzepte geht, könnte sich der allseits beklagte Fehlstart Deutschlands ins digitale Zeitalter als fatal erweisen. Dabei ist die deutsche Wirtschaft bereits heute bei der Bedeutung des tertiären Sektors für das Wertschöpfungsvolumen international bestenfalls Mittelmaß. Zwar macht der Sektor aktuell mit 69 Prozent Anteil an der Wertschöpfung und 74 Prozent Anteil an der Zahl der Beschäftigten ganz klar den Löwenanteil an der Wirtschaftsleistung aus. Damit liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld, hinter Staaten wie Großbritannien, Frankreich oder Schweden. Global wächst der Dienstleistungssektor jedoch erheblich schneller als in Deutschland, wo die jährliche Leistungssteigerung in den letzten zehn Jahren nur beim anämischen Tempo von einem Prozentpunkt lag, weit hinter der internationalen Konkurrenz aus Asien und Nordamerika. Nach einer Untersuchung der Western Union Company wird sich das Volumen gehandelter Dienstleistungen weltweit zwischen 2019 und 2025 um 31 Prozent (von 6,1 auf 8,0 Billionen US-Dollar) vergrößern, der Servicesektor also nochmals erheblich an Bedeutung gewinnen.2 Die Fähigkeit zur Gestaltung digitaler Dienstleistungen, insbesondere durch Integration innovativer Technologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) oder dem Internet der Dinge (IoT), wird so zur entscheidenden Kompetenz für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Betrachtet man den derzeitigen Stand der Entwicklung des Dienstleistungssektors hierzulande, wird klar: Ohne deutliche Anstrengungen wird die größte Volkswirtschaft Europas im internationalen Vergleich bei der Wirtschaftsleistung spürbar abrutschen. Was ist also zu tun, damit sich ein Fehlstart wie bei der Digitalisierung nicht wiederholt? Deutschland 2030 – Ein Powerhouse für Dienstleistungen Eine systematisierte Antwort darauf versucht die relativ junge Disziplin der Dienstleistungsforschung zu geben. Aktuell macht in diesem Zusammenhang das vom Bundes- ministerium für Bi ldung und Forschung geförderte Forschungsprojekt „Digitale Dienstleistungen als Erfolgsfaktor für die Wertschöpfung der Zukunft – DL2030“ von sich reden. Es soll „Forschungs- und Entwicklungsbedarfe inklusive geeigneter Ansätze identi zieren, die zur Gestaltung 2 Western Union Company 2020. https://business.westernunion.com/engb/p/cmp/2020/the-global-trade-services-revolution (Link zuletzt geprüft: 21.06.2022)

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