UdZ 1-2012

52 Unternehmen der Zukunft 1/2012 UdZ Produktionsmanagement alen auch ein quantitatives Gesamtbild in Form von Kennzahlen zu erhalten sowie den Kundentakt berechnen zu können. Der Kundentakt beschreibt hierbei den Zeitraum, welcher regelmäßig verstrei- cht, bis eine produzierte Charge die Fertigung verlassen muss, um den regelmäßigen Abrufen des Kunden gerecht zu werden. Design des Wertstroms Aufbauend auf den Analyseergebnissen der Wertstromaufnahme und den hieraus ge- wonnenen Verbesserungspotenzialen, wurde gemeinsam im Projektteam eine Vision für die verbesserte, kundenorientierte Logistiksteuerung erarbeitet. Das primäre Ziel bei der anschließenden Modellierung des Soll-Wertstroms für die spezi- fische Produktfamilie bestand in der Senkung der Reaktionszeiten nach Abruf eines Produktionsloses durch einen Kunden. Der Soll-Wertstrom richtet sich folglich nach dem Kundentakt. Neben der Modellierung des Soll-Wertstroms sollte das neue Fertigungskonzept im Detail durchgeplant werden. Zu diesem Zweck wurde die kapazitive Engpasseinheit im Produktionsablauf ermittelt und unmittelbar dahinter der Kundenauftragsentkopplungspunkt (Übergang von einer kundenauftragsneutralen zu einer kundenindividuellen Endfertigung) in Form eines Supermarktlagers festgelegt. Von diesem charakteristischen Punkt aus konnten die Kanban-Regelungen geplant werden. Da sich die Losgrößen vor und nach dem Kundenentkopplungspunkt unterscheiden, wurde eine Signal-Kanban-Steuerung sowie ein sogenanntes Drum-Buffer-Rope-Prinzip gewählt. Die Dimensionierung der benötigten Bestände an Halbfabrikaten im Supermarkt galt es in einem weiteren Schritt zu berechnen. So mussten sowohl Sicherheits- und Pufferbestände zum Ausgleich von variantenspezifischen Mengenschwankungen und Maschinenstörungen als auch der jeweilige Bestellbestand pro Variante ermittelt werden. Die Herausforderung hierbei lag in den für die Prozessindustrie typischen großen Chargen, wel- che die Bestandsdimensionierung erschwerten. So wurden lediglich AX- und BX-Produkte (vgl. ABC- YXZ-Klassifikation) demSupermarkt zugeordnet. Da die Nachfragemengen der übrigen Produkte relativ gering sind, kann die Nachschubsteuerung dieser zukünftig per Sonderkanban-Verfahren erfolgen. Um das Wertstromdesign zu vervollständigen, ist die Festlegung, wie der Wertstrom gesteuert wird, von zentraler Bedeutung. Im Unterschied zu der bisherigen prognosebasierten Steuerung gilt es nun, lediglich genau einen Einsteuerungspunkt zu definieren, an dem die Planvorgaben an das „Regelsystem“ übergeben werden. Abhängig von diesem sogenannten „Schrittmacherprozess“ werden die zugehörigen Produktionsprozesse über Verkopplungsprinzipien zukünftig im Kundentakt geregelt. In einem letzten Schritt wurde schließlich ein Konzept für die Auftragseinlastung sowie die Prioritätenvergabe konkurrierender Aufträge in Engpasssituationen entwickelt. Planen des Wertstroms Die nächste Projektphase, welche derzeit noch nicht abgeschlossen ist, sieht Maßnahmen zur zielgerichteten Umsetzung eines wertstromori- entierten Produktionssystems vor. Das erarbei- tete Konzept gilt es zunächst für die definierte Produktfamilie zu pilotieren, umAnfangsprobleme aus dem Weg zu räumen und es anschließend auf weitere Produktfamilien ausrollen zu können. Für die Pilotierung bedarf es der Benennung von Wertstrom-Managern, die Unterstützung bei in- haltlichen und methodischen Fragestellungen der Mitarbeiter leisten können und darüber hinaus die unternehmensweitenWertstromdesign-Aktivitäten koordinieren. Organisatorische Maßnahmen, wie die frühzeitige Schulung zur Wertstrom- und Lean- MethodiksowiedieImplementierungvonsogenann- ten „Wertstromzirkeln“ zur Weiterentwicklung der Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter, sind zu diesem Zeitpunkt besonders wichtig. Durch re- gelmäßig stattfindende PDCA-Zyklen kann schließ- lich dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess Rechnung getragen werden und das gesamte Produktionssystem stetig verbessert werden. Literatur [1] http://de.statista.com , Abruf 22.01.2012 Dipl.-Wirt.-Ing. Niklas Hering (li.) FIR, Bereich Produktionsmanagement (Bereichsleiter am FIR ab April 2012) Fachgruppe Logistikmanagement Tel.: +49 241 47705-402 E-Mail: Niklas.Hering@fir.rwth-aachen.de Dipl.-Ing. oec. Jerome Quick (re.) FIR, Bereich Produktionsmanagement Fachgruppe Supply-Chain-Design Tel.: +49 241 47705-425 E-Mail: Jerome.Quick@fir.rwth-aachen.de

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