UdZ 1-2013
16 Unternehmen der Zukunft 1/2013 UdZ Produktionsmanagement GRK: Graduiertenkolleg Anlaufmanagement Beherrschung von Instabilität im Produktionsanlauf Seit September 2008 befasst sich das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte „Graduiertenkolleg Anlaufmanagement“ mit der Optimierung des Produktionsanlaufs. Sechs Professoren und 13 wissenschaft- liche Mitarbeiter verschiedener Institute der RWTH Aachen aus den Fachbereichen der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften erforschen interdisziplinär Möglichkeiten zur Beherrschung der Komplexität und der Instabilität vor und während der Produktion in der Anlaufphase. Im Anlauf werden nach der klassischen zeitbe- zogenen Definition Produkte aus ihrem prototy- pischen Stand zu serienreifen Waren qualifiziert. Das Graduiertenkolleg erweitert dieses klassische Verständnis: Anläufe resultieren oftmals auch aus einer mittleren oder großen Änderung der Produkte und/oder Produktionsprozesse. Der Anlauf bildet somit für produzierende Unternehmen einen Schlüsselfaktor, da die glo- bale Angleichung technischer Fähigkeiten in den Prozessen oder die schnelle Produkteinführung in den Markt zum richtigen Zeitpunkt mit nied- rigem Ressourceneinsatz heute und in Zukunft ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal für Unternehmen ist. In der Anlaufphase sind unter hohem Zeitdruck die Ergebnisse aus Produktion und Produktentwicklung zu kombi- nieren und zu einem serienreifen und tragenden Geschäftsmodell auszubauen. Die möglichen Störungen, Ursache-Wirkungs-Beziehungen und zeitlichen Veränderungen sind insbeson- dere im Anlauf nicht bekannt bzw. prognosti- zierbar – der Anlauf ist komplex. Vielfalt und Konnektivität charakterisieren die Komplexität, welcher der Produktionsanlauf unterliegt. Unter Berücksichtigung der Dynamik kommt es zu mög- lichen Instabilitäten im Anlauf, die Effektivitäts- und Effizienzverluste bis hin zum Scheitern von Anlaufprojekten hervorrufen. Mit demGraduiertenkolleg wird das Ziel verfolgt, das nicht-lineare, stationäre Systemverhalten des Anlaufsmöglichst transparent undvorhersagbar zu gestalten sowie schnelle Reaktionsmechanismen für nicht vorhersehbare Ereignisse zu konzipieren. Auf dieser Basis werden Modelle entwickelt, die ein proaktives Management – durch Treffen von Entscheidungen hinsichtlich der Vorausplanung des Anlaufs – und reaktives Management – Entscheidungen über die Reaktion und Adaption auf Störungen – ermöglichen. Diese Modelle sollen zum einen als Grundlage der wissen- schaftlichen Expertise der Doktoranden und zum anderen als Hilfsmittel zur Ausrichtung von Unternehmen dienen und so die Brücke zwischen Lehre, Forschung und Praxis spannen. Beim Management von Instabilitäten im An- laufprozess treffen verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichen Zielsystemen aus den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften in einem soziotechnischen System aufeinander. Somit ist eine integrative, interdisziplinäre Bearbeitung der Themen aus den jeweiligen Perspektiven er forderlich. Die einzelnen Fragestellungen werden durch die Doktoranden aus den unterschiedlichen Perspektiven in einem interdisziplinären Lösungsansatz der beteiligten Wissenschaftsdisziplinen handelt. So werden Lösungsbausteine der Themenfelder übergreifend und unter Berücksichtigung ihrer Interdependenzen mit angrenzenden Bereichen erarbeitet, um zu einem ganz- heitlichen Lösungsansatz zu gelangen. Allen Forschungsvorhaben liegt der systemtheore- tische Ansatz zugrunde. Das FIR an der RWTH Aachen erforscht in diesem Zusammenhang Möglichkeiten zur Verbesser- ung der Produktionsplanung und -steuerung für anlaufintensive Produktionsunternehmen. Der Fokus liegt dabei in der Gestaltung der Produktionsprogrammplanung. Durch die Anwendung von Mechanismen aus der Unter- nehmenskybernetik sollen produzierende Unternehmen zukünftig befähigt werden, ent- scheidungsrelevante Informationen in Echtzeit nutzen zu können und flexibel auf Störungen und sonstige dynamische Einflüsse auf die Produktionsprogrammplanung reagieren zu können. Seitens der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der RWTH Aachen ist u. a. der Lehrstuhl für Controlling amGraduiertenkolleg beteiligt. Dieser erforscht, wie sich die Entscheidungsfindung der agierenden Personen verbessern lässt. Die Charakteristika des Anlaufs, sich verändernde Prozesse aufgrund der Instabilität und Komplexität mit daraus folgender hoher Informationsdichte, führen bei den Akteuren zu Unsicherheit. Diese Aspekte sollen auf zwei Ebenen behandelt wer- den. Zum einen werden Lernkonzepte analysiert, mit denen die Mitarbeiter in die Lager versetzt werden sollen, sich den wandelnden Prozessen anzupassen und einen Teil der Instabilität auf- zufangen. Zum anderen wird untersucht, wie die Mitarbeiter Entscheidungen treffen können, Projekttitel Graduiertenkolleg Anlaufmanagement Projekt-/ Forschungsträger DFG Förderkennzeichen GRK 1491/2 Projektpartner Deutsche-Post-Lehrstuhl für Optimierung von Distributionsnetzwerken an der RWTH Aachen; IMA/ZLW & IfU der RWTH Aachen; Lehr- stuhl für Unter- nehmenstheorie – Nachhaltige Produktion und Industrielles Controlling der RWTH Aachen; Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Technologie- und Innovationsmanagement der RWTH Aachen; Werkzeugmaschinen- labor (WZL) der RWTH Aachen Ansprechpartner Dipl.-Ing. Maik Schürmeyer, M.Sc. Internet www.anlaufmanage- ment.rwth-aachen.de
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