UdZForschung 2-2018
23 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 2/2018 FIR-Forschungsprojekte explizite Kundennachfrage hin, entwickelt. Hinzu kommt, dass imService-Engineering- Prozess meist nur auf qualitative Ansätze zurückgegriffen wird und ein Einbezug der verfügbaren Daten ausbleibt. Zur proak- tiven Entwicklung neuer und vor allemkun- denzentrierter Dienstleistungsangebote bedarf es jedoch einer Vorgehensweise, die sowohl qualitative als auch quantita- tive Methoden im Entwicklungsprozess sowie die gestiegenen Anforderungen an die Entwicklungsgeschwindigkeit berück- sichtigt. Dies wird durch die Anwendung von Business-Analytics erzielt, da hier die verfügbaren internen (bspw. Absatz- und Umsatzzahlen, CRM) und externen (bspw. Kundenmaschinendaten, Branchenzahlen) Daten des Unternehmens mittels quantita- tiverMethoden (bspw. Regressionsanalyse) analysiert werden. Im Gegensatz zu Anforderungserhebungenauslangwierigen Kundenexplorationenwerden jedochderar- tigemessbare Betriebsdaten bisher nicht in derDienstleistungsentwicklungverwendet, um aus diesen wertvolle Informationen proaktivKundenanforderungenabzuleiten. Für die strukturierte Neuentwicklung von industriellen Dienstleistungen hat sich seit Mitte der 1990er Jahre das Service- Engineering etabliert. Obgleich die einzel- nen Service-Engineering-Prozessschritte sich je nach Ansatz unterscheiden, lässt sich der klassische Service-Engineering- Prozess in vier Phasen beschreiben: Durch die Aufteilung in die vier Phasen Idee, Konzept, Umsetzung und Markt werden alle relevanten Prozessschritte von der Ideengenerierung und -selektion über die Konzept- undGeschäftsmodellentwicklung und die Implementierung bis hin zur Markteinführung und Evaluation berück- sichtigt. In Anlehnung an vorhandene Service-Engineering-Ansätze wurde im Rahmen eines Benchmarkings des FIR an der RWTH Aachen im Jahr 2016 ein Referenzmodell bzw. ein iterativer Service- Engineering-Zyklus zur Gestaltung in- dustrieller Dienstleistungen entwickelt 3 . Gemeinsam mit Industrieunternehmen wurden die einzelnen Phasen der Dienst- leistungsentwicklung untersucht und je Phase konnten drei Vorgehensweisen für den späteren Markterfolg einer neuen industriellen Dienstleistung herausgestellt werden (s. Bild 1). Das Referenzmodell hebt sich gegen- über vergleicbaren Service-Engineering- Vorgehensmodellen dadurch ab, dass es inhaltlich industrielle Dienstleistungen und die iterative und kontinuierliche Entwicklung fokussiert. 3 s. Kampker Et. al 2017 4 s. Blank 2013 Dienstleistungsentwicklung auf Basis von Daten Eine Schwachstelle des Zyklus ist, dass der Service-Engineering-Zyklus bislang weder die Einbindung von Daten noch von Business-Analytics-Methoden in die Dienstleistungsentwicklung be- rücksichtigt. Weiterhin werden bisher agile, iterative Entwicklungsansätze des Software-Engineerings und des Lean-Startups, die immer mehr Einzug i n t r ad i t i one l l e En tw i c k l ung sp r o - zesse erhalten, kaum angewendet. Wegen neuer Anforderungen an die Geschwindigkeit und sich schnell ver- ändernder oder falsch eingeschätzter Kundenbedü r f n isse is t Umdenken vonnöten, um die stark analogen und prozessual getr iebenen Vorgehens- modelle des traditionellen Ser vice- Engineerings, z. B. Stage-Gate, an aktu- elle Markt- und Forschungslandschaften und somit an iterative Vorgehensmo- delle anzupassen. Es gilt daher, das bestehende Vorgehens- modell des Service-Engineering-Zyklus gemeinsam mit der Praxis zu adaptieren, um ein „schnelles Lernen am Markt“ mit Kernfunktionalitäten einer Dienstleistung zuermöglichen [4]. DurchdieFokussierung der Kernfunktionalitäten werden eine wesentlich kürzere Entwicklungszeit Bild 1: Aachener Service-Engineering-Zyklus (eigene Darstellung)
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