UdZForschung 2/2019
23 UdZForschung – Unternehmen der Zukunft 2/2019 Leitthema: Gesellschaft & Digitalisierung – FIR-Forschungsprojekte geleistet werden. Beschäftigte können sich, abhängig von ihren jeweiligen Vor- kenntnissen und Präferenzen, mithilfe eines Kompetenznavigators fachlich ein- ordnen und gezielt individuelle Lehr- und Lernangebote auswählen. Der Abruf der im Forschungsvorhaben gestalteten Lehr- und Lernmodule, über die Open-Source- Plattform ‚Ilias‘, ermöglicht es, neben dem klassischen Lernen in Seminaren orts- und zeitungebunden zu lernen. Damit stehen einem breiten Nutzerkreis die Module zur Verfügung. Im Gegensatz zu herkömm- lichen Lehr- und Lernkonzepten, die meist auf die reine Vermittlung von Wissen ab- zielen, adressiert das Forschungsprojekt LidA eine individualisierte, kontextbe- zogene Kompetenzentwicklung mittels Lernmodulen, die die Beschäftigten in Anspruch nehmen können. Der Lernpfad soll aus der Perspektive kleiner und mittlerer Unternehmen in- dividuelle Lernwege zulassen und somit selbstgesteuertes Lernen ermöglichen. Hierbei wird der Weg von einem aktu- ellen Lernstand zu einem Lernfortschritt erfasst. Das bedeutet, dass der Lernpfad bereits erworbene Kompetenzen doku- mentiert und weitere Lernmöglichkeiten aufzeigt. Entsprechend den jeweiligen Vorkenntnissen der Mitarbeitenden und deren Fähigkeiten sollen individu- elle Lernpfade konstruiert werden. Die Individualität des Lernpfades ist dadurch gegeben, dass die Reihenfolge, der Inhalt und Umfang ihrer Weiterbildung indi- viduell angepasst und zum Teil wählbar sind. Dabei werden mitarbeiterspezi- fische Kompetenzbedarfe identifiziert und die persönlichen Lernwünsche und Lernpräferenzen beachtet. Da zusätzlich Vertiefungs-undErgänzungsmöglichkeiten zu den jeweiligen Kompetenzen bereitge- stellt werden und diese individuell wählbar sind, ergibt sich einmitarbeiterspezifischer Lernpfad. Lernpfad wie auch Lernzirkel zentrieren selbständiges und eigenverantwortliches Lernen, wobei die Selbstkontrolle einen ho- henStellenwert einnimmt. 4 DieZentrierung, Individualität und Selbstbestimmung der Lernenden sind ausschlaggebende KennzeichenbeiderVariablen. 5 Wichtig ist je- doch, dass der Grad dieser Kennzeichen ver- änderbar ist. Es gibt demnach verschiedene Varianten an Lernpfaden und Lernzirkeln. Der Lernpfad kann aus zwei Perspektiven betrachtetwerden:Lernpfadekönnenentwe- derimHinblickaufeineLernempfehlungoder als eine konkrete Lernanweisung konzipiert werden. 6 Sollte es sich bei einem Lernpfad umeine Empfehlung handeln, sowerden die BedürfnisseundVorkenntnissederLernenden stärker berücksichtigt. Der Lernpfad kann somit Vertiefungsmöglichkeiten sowie Abkürzungenanbieten. IndiesemSinnewäre eine starre Vorgehensweise des Lernweges, wie in der Hypothese vermutet, nicht gege- ben. Der konstruktivistische Gedanke der Lerntheorie kann somit auch bezüglich des Lernpfades seine Anwendung finden. ImFalledes Lernzirkels liegen zwei grundle- gende Differenzierungsmöglichkeiten vor: Im ersten Fall wird der Lernzirkel so konzi- piert, dass eine Auswahl derWeiterbildung nach Art und Schwierigkeitsgrad wie auch Arbeitsformerfolgen kann. Imzweiten Fall werden zusätzliche Wahlstationen ange- boten, welche als fakultativ zu betrachten sind. Diese Wahlstationen stehen den Pflichtstationen gegenüber. 7 Darüber hinaus gibt es eineReihe vonweite- renVarianten,welchesichdurchunterschied- licheEigenschaftenvoneinander abgrenzen. So lassen beispielsweise einige Lernzirkel wie auch Lernpfade variable Einstiegs- und Endstationen zu. In anderen Fällen ist die Reihenfolge der Stationen frei wählbar oder vorgegeben. 8 Der Begriff Lernpfad wird vorwiegend imKontext des E-Learnings ver- wendet 9 , während Lernzirkel eher mit dem klassischen Stationenlernen in Verbindung gebracht werden. Grundlegend stellt sich beimLernzirkel wie auch beim Lernpfad die Frage, inwieweit konstruktivistisches Lernen zuge-lassen wird. Konstruktivismus drückt sich hierbei beispielsweise in Form von gegebenen Auswahlmöglichkeiten, berücksichti- gten Lernpräferenzen und individueller Reihenfolge des Weiterbildungsangebots aus. Die verschiedenen Varianten der Lernzirkel fokussieren unterschiedlich stark die Perspektive des konstrukti- vistischen Lernens. Dennoch lassen sich die Anforderungen des Lernpfades des Projekts LidA in den verschiedenen Lernpfadvarianten wiederfinden. Die Individualität des Lernpfads, die in- nerhalb des Projekts LidA von großer Bedeutung ist, spiegelt sich beispiels- weise in einer Lernpfadvariante wider, die eine frei wählbare Aufgaben- bzw. Kompetenzreihenfolge vorsieht. Auch eine Lernpfadvariante, welche Vertiefungs- und Ergänzungsmöglichkeiten anbietet, ent- hält eine gewisse Individualität. Konstruktivistisches und individualis- tisches Lernen werden im Projekt LidA stark fokussiert, weil Modelle zur intrin- sischen Motivation einen signifikanten Zusammenhang zwischen Kognition, Emotion, Autonomie und Motivation erkennen lassen. Der Lernende wird, laut der Zwei-Komponenten-Theorie des Interesses, motiviert, das Lernen auf- zunehmen, sobald ein Zusammenspiel zwischen positiven Emotionen und der Kognition vorzufinden ist. 10 Darüber hinaus basiert die Selbstbestimmungstheorie von Deci u. Ryan auf der Annahme, dass Selbstbestimmung und Autonomie intrin- sischeMotivationentstehenlassen. 11 Sobald ein Lernender also die Inhalte und den Umfang seiner Weiterbildungsmaßnahme autonom wählen kann, wird die intrin- sische Motivation gefördert. Und sobald für ihn eine Passung zwischen den extrin- sischen Lernanforderungen und seinen individuellen Fähigkeiten für ihn spürbar und erkennbar wird, wie es die Flow- Erlebens-Theorie besagt, entsteht bei ihm zusätzliche intrinsische Motivation. 12 Dennochlässtsichimaktuellen,literarischen Forschungsstand keine Lernpfadvariante wiederfinden, diealleCharakteristikades in- dividualisierten Lernens berücksichtigt und gleichzeitigdenpraktischenAnforderungen kleiner undmittlerer Unternehmengerecht wird. Aus diesemGrund soll imProjekt LidA ein Lernpfad entwickeltwerden, in demdie Aspekte des konstruktivistischen Lernens aufgegriffen und so umsetzbar werden. Die Erkenntnisse aus dem aktuellen For- schungsstand bezüglich Lernpfaden und 4 Roth 2014, S. 7; Popp 1999, S. 73 5 Roth 2014, S. 7; Popp 1999, S. 73 6 Oberhuemer 2004, S. 5 7 Koch o. J. 8 Van der Gieth 2004 9 Schmidt 2009, S. 1 10 Hidi u. Renninger 2006, S.111f. 11 Deci u. Ryan 1993, S. 223f. 12 Csikszentmihaly 2004 , S. 93
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