UdZPraxis 1-2016

20 UdZ Praxis Wird diesedigitale Entwicklung einschließlich der Datennutzung noch weitreichenderen, tiefgrei- fenderen Einfluss auf unser gesellschaftliches Leben haben, also abseits von Datenschutz, Usability etc.?Wie wird sich ggf. unser gesamtes Lebenssystem verändern in Bezug auf Freiheit vs. Sicherheit, Privatheit vs. gläserner Mensch, Teilhabe vs. Ausgegrenzt-Werden/Sich-aus- grenzen-wollen, klassisches Einkommensmodell Erwerbsarbeit vs. digitale Arbeitnehmer, Stich- wort bedingungsloses Grundeinkommen etc.? A. Mertens: Sowohl im positiven als auch im negativen Sinne wird die Digitalisierung mehr und mehr Auswirkun- gen haben, sodass es immer schwieriger sein wird, davon Abstand zu halten. Aber auch politisch gesehen wird es immer bedeutsamer, wofür das Aufkommen der Piraten- partei, die den Datenschutz im Internet in den Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit gestellt hat, ein erster Fingerzeig war. Parteien sollten diese Aspekte berücksichtigen; je- doch rückt das Thema in Zeiten der großen (geo-)politi- schen Veränderungen in den Hintergrund, weil dies die Bürger aktuell gefühlt mehr betrifft. Es gibt Probleme, die als drängender empfunden werden und für die Leute zeit- weise eine größere Bedeutung haben. Mittelfristig können wir die Digitalisierung aber nicht ausblenden, weil wir mit neuer Technologie auch neue Regeln brauchen. Und egal, welchem der beiden genannten extremen Lager jemand angehört: Es wird schwierig für diese Personen werden. Frühzeitiges Öffnen für sämtliche Zusammenhänge – im gebotenen Maß – ist sinnvoll. Für die immer größer wer- denden Datenmengen sollte der Gesetzgeber Rahmenbe- dingungen frühzeitig initiieren, sodass kein großer Scha- den entsteht und eine freie, demokratische Gesellschaft, wie wir sie bislang kennen, erhalten bleiben kann. Über solche grundlegenden rechtlichen Rahmen hinaus muss jeder selbst entscheiden können, was er für welchen Preis von sich hergibt. DasThema wird immer bedeutsamer, und dieser tiefgreifende Wandel, der tatsächlich alle Aspekte des menschlichen Lebens betrifft, ist auch nicht aufzuhal- ten, es sei denn, man will als Einsiedler sein Leben fristen. Es werden Dinge aufgeweicht werden, die wir momentan noch unvorstellbar finden – sei es seitens der Firmen über politische Einflussnahme, sei es über die Nutzer, die es be- quem finden, Daten freizugeben und jederzeit und überall digital auf dem Laufenden zu sein und alle Möglichkeiten zu nutzen, egal, wo man ist. Gleichzeitig sollten die ethi- schen Aspekte in ähnlichemTempo an Relevanz gewinnen und hinreichend Berücksichtigung finden. Dann könnte jeder in hohem Maße von solcher neuen Art zu leben profi- tieren – ohne große negative „Nebenwirkungen“. Herr Dr. Mertens, ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch! Dr. Alexander Mertens, Initiator der DenkfabrEthik, ist Leiter der Forschungs- gruppe „Human Factors Engineering and Ergonomics in Healthcare“ und leitet den Bereich „Ergonomie und Mensch-Maschine- Systeme“ am Institut für Arbeitswissen- schaft der RWTH Aachen. Dr.-Ing. Dr. rer. medic. Dipl.-Inform. Alexander Mertens Abteilungsleiter Ergonomie und Mensch-Maschine-Systeme Bergdriesch 27, Raum 14 52062 Aachen Tel.: +49 241 80-99494 E-Mail: a.mertens@iaw.rwth-aachen.de

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