UdZPraxis 1-2018

10 UdZ Praxis Konsensalgorithmen zur Prüfung der Transaktionen machen Demokratie im anony- men Internet möglich. Es bleibt die Frage, wie sichergestellt wird, dass niemand sehr vie- le Accounts anlegt und dann das Regelwerk zu seinen Gunsten umgeht oder sich schlicht mit falschen Transaktionen selbst bereichert – und dafür mit seinen vielen Accounts die Zustimmung der Mehrheit des Netzwerks vorgibt (sogenannte Sybil-Attacke). Dagegen wurde beim Bitcoin der Konsensmechanismus „Proof-of-Work“ eingeführt, welcher von bekannten Silicon-Valley-Entrepreneuren durchaus auch mal als „größte Erfindung seit dem Internet“ (Marc Andreesen, Gründer u. a. von Netscape) bezeichnet oder auf eine Stufe mit der Erfindung von Dampfmaschine oder Verbrennungsmotor (Johann Paly- chata, BNP Paribas) gestellt wird. Die genaue Erklärung des Proof-of-Works würde hier den Rahmen sprengen, aber vereinfacht könnte man sagen: Durch diesen Konsensalgo- rithmus hat nicht jeder Beteiligte eine Stimme, sondern die Anzahl an Stimmen bemisst sich an der Rechenleistung, die er zur Verfügung stellt. Nur wenn es jemand schaffen würde, über 50 Prozent der Rechenleistung in einem solchen Netz zu erlangen, könnte er seine falschen Informationen glaubhaft machen (die Länge seiner kompromittierten Blockchain würde die Länge der korrekten Blockchain überholen). Ist das Netz jedoch groß genug, darf das ausgeschlossen werden. Für die Zurverfügungstellung der Rechen- power werden die sogenannten „Miner“ mit Bitcoins belohnt. Dieser Konsensmechanis- mus allein ist der Grund, warum das Bitcoin-Netz so unglaublich viel Energie verschlingt. Weitere Konsensalgorithmen richten sich nach anderen Kriterien in der Gewichtung der Stimmen, zum Beispiel dem Anteil der gehaltenen Coins einer Währung („Proof-of- Stake“). So oder so gilt: Haben die Beteiligten keinen Grund, anonym sein zu müssen, ist auch kein energieintensiver Konsensalgorithmus notwendig – wie zum Beispiel bei einer Konsortialblockchain. Vereinfacht gesagt: Blockchains können überall dort sinnvoll sein, wo Daten hochverfügbar und fälschungs- sicher geteilt werden sollen, ohne dass zwischen den Parteien Vertrauen besteht und ohne dass ein vertrauensgebender Intermediär eingeschaltet werden soll. Unter dem Leitsatz findet sich auch gleich die Antwort auf die Frage, warum der Bitcoin so einen Erfolg feiert: Es bestand und besteht offensichtlich ein Interesse an einer Möglichkeit, ohne Banken Geld auszutauschen. Die spannende Frage, die sich anschließt: Wo gibt es weitere Anwendungsgebiete? Für Verträge könnte die Blockchain klassische Notare ablösen. Patente könnten in einer Block- chain statt beim Patentamt angemeldet werden. Echtheitszertifikate könnten in eine Blockchain geschrieben werden, anstatt unter großem Aufwand für Fälschungssicherheit auf Papier. Auch in der Logistik gibt es einige Anwendungsgebiete, die direkt vor uns liegen: Mithilfe von Smart Contracts könnten Handelsvorgänge automatisiert werden – die Vertrags- bedingungen und wichtige Dokumente (Rechnungen, Zustellbenachrichtigungen) können un- fälschbar hinterlegt und automatisch hinsichtlich ihrer Konsequenzen (bspw. Bezahlung) verar- beitet werden. Die vollständige Historie eines Produkts kann nachvollziehbar gemacht werden, ohne dass eine Plattform „mitverdienen“ möchte bzw. die Daten aus der Hand gegeben werden. Gerade in Zeiten, in denen für Endkunden verantwortungsbewusster Konsum immer wichtiger wird (Stichwort: Kobalt aus Kinderarbeit in E-Autos) und Lebensmittelskandale den Einzelhan- del erschüttern (Stichwort: Skandal um mit Fipronil verseuchte Eier) ergibt sich ein wichtiger

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