UdZPraxis 1-2018
15 UdZ Praxis wendungsfreundlicher. Durch die Einfachheit des Produkts kann es zu einem viel geringeren Preis angeboten werden, wodurch eine Techno- logie oder Innovation auch für kleinere Unter- nehmen erschwinglich wird. Aufgrund der klaren Unterlegenheit des Neu- lings wird dieser von den Marktführern nicht ernstgenommen und zunächst ignoriert. Aus deren Sicht verständlich – widmet sich ein dis- ruptives Produkt doch ganz anderen Kunden als denen der Marktführer. Was viele etablier- te Unternehmen jedoch vergessen, ist, dass auch die neu in den Markt dringenden Firmen nach höheren Margen streben und ihre Produk- te infolgedessen immer weiter verbessern. So kommt der Zeitpunkt, an dem die Produktei- genschaften des disruptiven Produkts gut ge- nug sind, um die Hauptkunden des Marktfüh- rers abzuwerben. Das ist der Moment, in dem Christensen von Disruption spricht. In diesem Moment wird der bisher ignorierte Wettbewer- ber zum Problem für die gestandenen Firmen, jedoch kommt eine Reaktion darauf häufig zu spät und die ehemaligen Marktführer verlieren sehr große Teile des Marktes. Das von Christen- sen beschriebene innovator’s dilemma besteht darin, dass Unternehmen mit Innovationen nach Verbesserungen streben, die auf ihrem ak- tuellen Produkt (oder Dienstleistung) aufbauen und dieses verbessern, also den natürlichen Wertschöpfungsprozess in einem Unterneh- men vorantreiben. Mit dem neuen Produkt ver- suchen sie, noch attraktivere Kundensegmente zu erreichen (dieses Handeln liegt quasi in der Natur eines Unternehmens). Durch dieses nach- vollziehbare Handeln kommt es jedoch oftmals zum „Over-Engineering“ des eigenen Produkts, wodurch sich Unternehmen mit disruptiven Innovationen über die als unattraktiv bezeich- neten Kundensegmente unbemerkt annähern, ohne von den anderen Unternehmen ernst ge- nommen zu werden. Handlungsoptionen Im Umgang mit disruptiven Innovationen lassen sich verschiedene Handlungsoptionen von Un- ternehmen beobachten. Grundsätzlich werden diese, wie in Abbildung 2 dargestellt, in proaktive und reaktive Handlungsoptionen unterschieden. Reaktive Handlungsoptionen Bei allen reaktiven Strategiengilt der Leitsatz: „Ein Problem ist erst dann zu lösen, wenn es ein Pro- blem ist“. Disruption ist ein Prozess, der in jeder Phase scheitern kann. Ein Unternehmen, das sich für einen reaktiven Ansatz entscheidet, sollte da- her erst einmal abwarten, ob sich die Innovation überhaupt marktaufwärts bewegt, bevor großer Aufwand betrieben wird, diese zu bekämpfen. Märkte finden, in denen die Fähigkeiten des Unternehmens eingesetzt werden können Disruption der eigenen Produkte und Dienstleistungen Ressourcen bereithalten, um schnell reagieren zu können Unternehmen darf „in Würde sterben“ Ausgründung einer eigenen unabhängigen Abteilung Zusammenschluss konkurrierender Firmen, um höhere Schlagkraft zu erreichen Kauf eines disruptiven Konkurrenten nach kurzer Etablierungsphase Integrative Capabilities Self-Disruption Wait and double up Wait and give up Spin Off Co-Opetition Wait and buy reaktiv proaktiv Abbildung 2: Handlungsoptionen im Überblick
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