UdZPraxis 1-2019

19 UdZ Praxis Wenn wir uns selbst beobachten, stellen wir diesbezüglich fest: Es gibt für jeden beliebigen Zeitpunkt ein Wichtigkeits- ranking unserer Wünsche; je nach Wunsch reagieren wir un- terschiedlich auf seine Erfüllung; es sind meist nicht ein Le- ben lang dieselben Bedürfnisse, die wir befriedigen wollen, sondern viele Wünsche kommen und gehen und werden durch andere ersetzt; und nicht zuletzt: Oft verwechseln wir die Oberfläche mit der Quintessenz des Wunsches. So ist für einen Hungrigen ein Stück Brot zwar zum aktuellen Zeitpunkt wichtiger als ein Smartphone, aber außerhalb von Hungerkatastrophen wird das Geschenk eines Smartpho- nes auf Dauer größere Freude auslösen als ein geschenktes Brot. Wenn wir jedoch ein Smartphone in der Hand halten, wird uns bewusst, dass es nicht um das Gerät an sich geht, sondern um die tieferen Bedürfnisse, die es befriedigen kann: mobiles Musikhören, Telefonieren, Informationen er- halten, Videos betrachten usw. Die Millionen von Apps, die die Stores der Anbieter verfügbar halten, sind eine Vorstufe zum digitalen Schlaraffenland, einer Welt, in der so gut wie jeder Wunsch jederzeit und überall zu erfüllen ist und in dem die Requisiten der Wunscherfüllung (vor allem die Geräte) gleich wieder verschwinden, wenn der Wunsch erloschen ist – denn wer will sich schon mit alten Zeitungen, Faxgeräten oder Langlaufskiern belasten, wenn die Technologie über sie hinausgewachsen oder der Wunsch nach Wintersport abgeklungen ist? Die Produkte und Services stehen dann an- deren Kunden zur Verfügung – ein erfreulicher Zuwachs an Nachhaltigkeit und Effizienz. Subscriptionmodelle weisen durch nutzungsabhängige Be- zahlung und höchste Flexibilität der Services den Weg in dieses Schlaraffenland. Sie stellen die Speerspitze moderner „Bedürfnisbefriedigungsdienste“ dar. Gleichzeitig sind sie potenzielle Umsatzsteigerungstools für Unternehmen. > Abo 4.0 Was aber, so könnte man fragen, ist denn eine Subskription anderes als das gute alte Abo? Vom Prinzip her ist da kein gewaltiger Unterschied. Doch nur weil ein Geschäftsmodell schon zur Zeit von Kaiser Wilhelm I. beliebt war, muss es noch lange nicht überholt sein – im Gegenteil. So wie die Digitali- sierung das rund 150 Jahre alte Businessmodell des Versand- handels transformiert hat, ist sie auch dabei, das Abonne- mentmodell zu verändern. Der Unterschied zum „alten Abo“ ist nämlich, dass sich Anbieter und Kunde nicht mehr in einer Aktiv-Passiv-Beziehung gegenüberstehen, bei dem Ersterer Letzteren mit allen Marketingkünsten gewinnen und mög- lichst lange binden will („… verlängert sich Ihr Abonnement automatisch um ein weiteres Jahr“). Vielmehr basieren mo- derne Subscriptionangebote auf einer engen Verflechtung zwischen Unternehmen und Kunde, die durch digitale Kom- munikation, moderne Omnichannelkonzepte, flexible digitale Bezahlsysteme und ein datengestütztes umfassendes Wissen über die Bedürfniswelt des Kunden ermöglicht wird. Die Informationen über die Wunschlandschaft des Verbrau- chers und seine Ansprüche und Lebensgewohnheiten er- öffnen dem anbietenden Unternehmen die Möglichkeit, proaktiv zu handeln, wie es im E-Business längst üblich ist – allerdings infolge der hohen Reaktionsgeschwindigkeit der Subskription auf einem wesentlich erweiterten Niveau: Ver- änderte Bedürfnisse lassen sich schnell in der vereinbarten Leistung abbilden. Nachfrageänderungen führen zu einer Verbesserung und/oder Ausweitung des Angebotsspektrums – und die damit verbundene Kommunikation erhöht das Wis- sen über den Kunden. Hier liegt ein ausgesprochen frucht- bares Einsatzfeld für Künstliche Intelligenz und lernfähige Digitaltechnologien. Sie optimieren das Zusammenspiel von Kundenwünschen und den Optionen zu deren Befriedigung hinsichtlich Individualisierung, Volumen, Geschwindigkeit, Kosten und Qualität. Was sich daraus ergibt, ist nichts weniger als eine Revolution im Verhältnis von Kunde und Anbieter: Beide ziehen an einem Strang, sind gleichermaßen an der Verbesserung von Pro- dukten, Services und Konditionen interessiert. Bei den Kun- den erfreut sich das Modell steigender Beliebtheit, weil sie Bequemlichkeit, Personalisierung und Verfügbarkeit der Leis- tung sowie die Synchronisierung der Nutzungsdauer mit dem Bedarf schätzen. Anbieterunternehmen erkennen den Wert von längerfristig verlässlichen und wachsenden Umsätzen bei einer bekannten Anzahl von Subskribenten, die bei ent- sprechender Qualität und vertrauensvollem Dialog mit den Unternehmen zu mehr Markentreue finden. Zudem lassen sich Ressourcen und Inventar mit größerer Sicherheit planen als beim Abverkaufsmodell. Allerdings: Der Einstieg eines Unternehmens in die Subscrip- tion-Economy funktioniert nicht wie das Schalterumlegen.

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