UdZPraxis 2/2019

10 UdZ Praxis Eine Herausforderung im Leben vieler Menschen stellt heute mehr denn je die Vereinbarkeit von Privat- und Arbeitsleben dar. Home-Office, Arbei- ten im Co-Working-Büro oder „remote“ aus dem Zug oder am Flughafen tragen dazu bei, dass Berufliches und Freizeit sich zunehmend überschnei- den. Hierfür die richtige Mischung zu bieten, damit die Arbeitnehmer sich innerlich erfüllt fühlen und damit leistungsfähig bleiben, stellt auch Ar- beitgeber vor Herausforderungen. Diese Herausforderungen ziehen beim Versuch ihrer Lösung eine ganze Reihe von weiteren Effekten nach sich. So erfordert beispielsweise das Arbeiten „von überall“ andere IT-Systeme und bedingt zudem eine neue Unternehmenskultur. Ein Blick in die Pra- xis zeigt schnell, dass wir moderne Arbeitswelten nicht nur in der Ausge- staltungsform von Trendunternehmen wie Google oder Amazon finden, sondern teilweise sehr unterschiedliche, vielversprechende Ansätze und Umsetzungen überall vorhanden sind. „Working Out Loud“ Working Out Loud ist eine Methode, welche darauf abzielt, das eigene Wis- sen und die eigene Arbeit sichtbar zu machen, damit andere davon profi- tieren können. John Stepper hat die Methode im Jahre 2015 mit seinem gleichnamigen Buch der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Mittler- weile hat Working Out Loud eine große Anhängerschaft in allen Teilen der Industrie. Bei Bosch wurde das Working-Out-Loud-Konzept beispielsweise früh nach Veröffentlichung des Buches eingeführt. Der Kerngedanke die- ses Konzepts besteht darin, mithilfe von kleinen Netzwerkgruppen, beste- hend aus 3 – 5 Personen, individuelle Ziele zu erreichen, indem persönli- che Lernziele definiert werden und die Erreichung dieser Ziele gegenseitig unterstützt wird. In regelmäßigen Abständen findet man sich in „Circles“ wieder und beobachtet gemeinsam mithilfe von digitalen, aber auch ana- logen Networking-Methoden den Fortschritt der definierten Lernziele, so- dass die Motivation stets hochgehalten wird. Bei Bosch erhofft man sich neben einer erhöhten Selbstverwirklichung der Mitarbeiter auch eine Re- duzierung der Bürokratie und Entfremdung der Organisation. Der Erfolg wird durch grundlegend definierte Konzepte gesichert: viele nachhaltige Beziehungen, die beim Wissensaufbau helfen können; eigenes Wissen großzügig teilen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten; sichtbar arbeiten und dabei zielgerichtet und wachstumsorientiert denken. NewWork im Traditionsunternehmen Nicht nur unter Innovationsdruck stehende Groß- konzerne, sondern auch kleinere Traditionsunter- nehmen entdecken New Work für sich. Gelsen- wasser, ein Unternehmen für Wasserversorgung, Abwasser sowie Strom- und Gasversorgung, mit weniger als 2000 Mitarbeitern, erhofft sich durch das New-Work-Prinzip, näher an den Endkunden zu rücken und gleichzeitig die Kreativität und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu fördern. Ange- trieben durch Anika König und Ibrahim Kalkan, die für Personal und Strategie verantwortlich sind, ist es das Ziel, die Kommunikations- und Arbeitsweisen stärker in Richtung Transparenz, Offenheit und abteilungsübergreifende Zusam- menarbeit zu bewegen. Das Unternehmen hat beschlossen, ein großes Transformationsprojekt zu starten, zu dem Initiativen wie digitale Werk- stätten, New-Work-Arbeitsweisen, aber auch die Einführung von Office 365 zur cloudbasierten Zu- sammenarbeit gehören. Insgesamt ist die Bilanz positiv, denn die kundenorientierten Lösungen können nun effizienter entwickelt und kontinuier- lich im Team verbessert werden. Buurtzorg – Pflegedienst neugedacht Arbeitsdruck, fehlendes Personal und zu wenig Zeit für das Zwischenmenschliche lauten oftmals die Begriffe, die in Zusammenhang mit der ambu- lanten Pflege in Deutschland fallen. Gründe dafür siehtmanmitunter inFehlanreizen imVergütungs- system und dem durch das Abrechnungssystem entstehenden Kostendruck. Doch sogar die von Problemen geplagte Branche der Altenpflege bleibt von NewWork nicht verschont. Jos de Blok gründete in den Niederlanden ein Unternehmen, welches die Altenpflege regelrecht revolutioniert hat und zum nationalen Marktführer der häusli- chen Altenpflege geworden ist. Auf hierarchische Strukturen wird komplett verzichtet. Stattdessen werden kleine, selbstorganisierte Teams mit 5 bis 12 Pflegern gebildet, die sich so viel Zeit für die Pa- tienten nehmen wie nötig. Die Teamgröße richtet sich nach dem Patientenaufkommen im Einzugs- gebiet und nach den Arbeitszeitwünschen der

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