UdZPraxis 2/2019

14 UdZ Praxis Die ersten Fahrzeuge sind übergeben, viele weitere sollen es demnächst werden. Besucher, die das Werk 1 der e.GO Mobile AG (kurz e.Go ) auf dem ehemaligen Philips-Gelände in Aachen-Rothe Erde betreten, sehen zunächst eines: e.GO- Life-Fahrzeuge, die nur darauf warten, das Werk zu verlassen und das Straßenbildumeinweiteres Fahrzeugmodell zuergänzen. Danach fällt der Blick auf dieMontagelinie. Besuchern, die bereitsMontagen anderer Automo- bilhersteller kennengelernt haben, fällt sofort auf, dass in dieser Fabrik etwas anders ist: Anstelle von Förderbändern und Hängebahnen bewegen sich die Fahrzeuge in derMontagelinie auf sogenannten „Fahrerlosen Transportsyste- men“ (kurz „FTS“) durch die verschiedenen Stationen. 1 Vernetzt werden die FTS, wie auch andere Geräte, deren Daten erfasst werden sollen, über 5G. Im Juni 2019 stellte e.GO zusammen mit seinen Partnern Vodafone und Ericsson die erste auf Basis von 5G vernetzte Automobilproduktion in Deutschland vor. 2 Mitarbeiter des FIR an der RWTH Aachen waren dabei intensiv an den Vorbereitungen, Planungen und der Umsetzung beteiligt. Durch 5G sollen Realisierung des Internet of Production : Zukunftsweisende IT-Referenzarchitektur für die e.GO Mobile AG Wie in Bild 1 (s. S. 15) dargestellt, wird im Internet of Production in „Cycles“ und „Layern“ gedacht. 3 Zentrale Voraussetzung ist dabei der digitale Zwilling des Unternehmens, der – vereinfacht gesprochen – eine intelligente, digitale Abbil- dung des Produktionsprozesses bzw. Produkts 4 bedeutet. So verschafft man sich einen Überblick über alle Vorgänge und ermöglicht die Einführung der so- genannten „Middleware+“, die für den Datenaustausch und die Verfügbarkeit der Daten in den benötigten Systemen sorgt. Grundlage der Datengenerierung und -speicherung bleiben weiterhin be- kannte Applikationssysteme, beispielsweise Enterprise-Resource-Plan- ning(ERP)- oder Product-Lifecycle-Management(PLM)-Systeme, und deren Datenbankinfrastrukturen. Bei einem Start-up muss eine Vielzahl der Stan- dardinformation neu eingerichtet werden. Neben der Involvierung in diver- se Softwareeinführungsprojekte waren die FIR -Mitarbeiter hier insbeson- dere mit der Konzeptionierung und Integration der Informationssysteme in den IoP-Referenzrahmen betraut. Im Fokus stand dabei die Realisierung einer durchgängigen digitalen Produktion, die allen Anforderungen der Dokumentation und Rückverfolgbarkeit genügt. Integration der technischen Dokumentation in das PLM-System/PTC Windchill Ein Kennzeichen der hochagilen Entwicklung des e.GO Life sind die hoch- zyklischen Veränderungen an Bauteilen und Baugruppen auch in späten Phasen der Entwicklung. Gleichzeitig ist eine fehlerfreie und aktuelle tech- nische Dokumentation entscheidend für die juristische Absicherung in Haf- tungsfragen und Basis für die Arbeit der Vertragswerkstätten. 1 Eine Übersicht zeigte SEW auf der HannoverMesse 2019: https://www.sew-eurodrive.de/hannover-messe/ 2 s. Breitkopf 2019 3 Für weitere, ausführliche Erklärungen zum IoP sei an dieser Stelle auf folgende Paper und Schriften verwiesen: Schuh et al. 2018; Schuh et al. 2017. 4 s. Klostermeier et al. 2018, S. 297 eine komplette Vernetzung und die Industrie-4.0- Referenzfabrik entlang des Internet of Pro- duction (im Folgenden „IoP“ genannt, s. Bild 1, S. 15) realisiert werden. Damit soll es möglich sein, ein Produkt wie den e.GO Life in einem Hochlohn- land wie Deutschland zu fertigen und zu einem konkurrenzlosen Preis in dieser Fahrzeugklasse anbieten zu können. Als Partner der ersten Stunde war und ist das FIR in den vielfältigsten Aufgaben- bereichen bei e.GO involviert. Als Experten für Di- gitalisierung und Industrie 4.0 haben die Mitarbei- ter des FIR entlang der drei Zyklen des IoP und an dem Infrastrukturaufbau sowie an der Umsetzung der Industrie-4.0-Referenzfabrik maßgeblich mit- gewirkt. Gemeinsam mit Mitarbeitern des FIR und weite- ren Partnern realisiert e.GO daher die technische Dokumentation in einem medienbruchfreien Workflow direkt auf Basis von Produktdaten. Die technische Dokumentation ist in Form eines XML-basierten Formats unmittelbar an der Pro- duktstruktur im PLM-System verankert. Sobald Änderungen an den Bauteilen freigege- ben werden, kann der zuständige technische Redakteur die Relevanz für die technische Doku- mentation bewerten und auf Basis der vorhan- denen 3D-Modelle und Zeichnungen die techni- sche Dokumentation anpassen. Diese Lösung stellt eine aktuelle technische Do- kumentation sicher und bietet gleichzeitig eine Verwaltung der Daten bei minimalem Aufwand. Gleichzeitig kann man die Vorteile der Verknüp- fung von Informationen für die Nutzungsphase (User-Cycle)undDatenausderEntwicklungdurch diese Lösung aufzeigen. FIR als Praxispartner zur Umsetzung von Industrie 4.0

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