UdZPraxis 2/2019

62 UdZ Praxis | Gastbeitrag Eine systematische Planung der Arbeitssysteme und -methoden ist und bleibt der Schlüssel für exzellente Produktivität und menschengerechte Arbeitsbedingungen in industriellen Prozessen, die in diesem Beitrag ad- ressiert werden. Während eine detaillierte Planung klassisch hohen Auf- wand verursacht, werden zukünftig mithilfe digitaler Tools menschliche Arbeitsprozesse aufwandsarm und detailliert geplant. Diese neuen Tech- nologien sollen und werden in der Planung Einzug halten. Ganz beson- ders stechen dabei Tools hervor, die Bewegungsdaten generieren bzw. verarbeiten, wie 3D-Simulationen (Simulationen mit Menschmodellen), Motion-Capturing-Anzüge und VR-Lösungen. Der Bezug dieser digitalen Welt zur realen menschlichen Arbeit kann nur hergestellt werden, wenn die digital verfügbaren Bewegungsinformationen in Bezug gesetzt wer- den zu einer neutralen, anerkannten Bezugsbasis zur Beschreibung und Bewertung menschlicher Arbeit. Diese methodisch erforderliche Reflexion und Interpretation wird zur Notwendigkeit für die industrielle Anwendung werden und massiv an Bedeutung gewinnen. Erzeugung von Simulationsanalysen aus digitalen Bewegungsdaten Insbesondere das Prozessbausteinsystem MTM-HWD (Human Work Design ) eignet sich genau für diese kombinierte Beschreibung und Bewer- tung menschlicher Arbeit in digitaler Form, da es die menschlichen Bewe- gungen objektiv beschreibt. 1 Das heißt, es gibt die Bewegungen in einer hohen Detaillierung und in der chronologisch korrekten Reihenfolge wie- der, die auf diesem Niveau der Bewegungsdaten erforderlich ist. Zudem verwendet es leicht verständliche und objektive Einflussgrößen. Das Prozessbausteinsystem MTM-HWD wurde entwickelt, um manuelle Tätigkeiten zeitlich und ergonomisch in einem kombinierten Vorgang zu bewerten und anschließend zu gestalten. Bei der Anwendung von MTM- HWD werden menschliche Bewegungen in Aktionen unterteilt und für jede Aktion werden Einflussgrößen erfasst, die sich an den menschlichen Körperteilen orientieren. Durch die im MTM-HWD hinterlegte MTM-Norm- leistung wird der Bezug zur menschlichen Arbeit hergestellt. 2 Die Methode ist leicht verständlich und ermöglicht somit eine systematische Erfassung der relevanten Einflussgrößen. Sie eignet sich sehr gut, weil sie planungs- relevante Ergebnisse liefert. 3 Dies umfasst eine Ablaufbeschreibung sowie eine zeitliche und ergonomische Bewertung der Arbeitsprozesse; ebenso werden eHPV/U-Anteile an dem Arbeitsprozess ermittelt. Eine korrekte, automatisierte erstellte Ableitung einer MTM-HWD- Analyse aus digitalen Bewegungsdaten würde somit einen hohen Mehr- wert bei der Planung mit digitalen Tools darstellen. Für die Erstellung einer MTM-HWD-Analyse werden dabei unterschiedlichste Informationen benö- tigt, die entweder durch die digitalen Tools (Human-Simulation, Motion- Capturing, VR,…) bereitgestellt oder manuell ergänzt werden müssen. Die erfolgreiche Ableitung aller Infor- mationen aus digitalen Planungswerk- zeugen ist die Grundlage für die Erzeu- gung sogenannter Simulationsanalysen 4 . Diese Analysen beschreiben und bewerten den digital geplanten bzw. erfassten Bewegungsab- lauf (die Arbeitsweise). Frei interpretiert heißt das: What you see ( simulate, capture ) is what you get ( describe )! Die Anwendung der Simu- lationsanalyse hängt damit nicht davon ab, ob der Ablauf in der Realität so stattfinden kann oder nicht. Folgt man dem beschriebenen Vorgehen, wird dafür das Gütesiegel „Approved by MTM“ für die Simulationsanalysen vergeben (s. Bild 1, S. 63). Diese Simulationsanalysen werden anschließend ausschließlich durch die Freigabe eines (MTM- bzw. IE-)Experten in MTM-Planungs- oder Aus- führungsanalysen überführt. Somit wird der digital beschriebene Bewegungsablauf (die Arbeitsweise) ganz bewusst in eine festgelegte Arbeitsmethode überführt. Zusammenfassung und Ausblick Um die Verbindung zwischen MTM-HWD und digitalen Werkzeugen wie Human-Simulation-, Motion-Capturing- und VR-Tools systematisch herzustellen, ist es notwendig, die Vielzahl an benötigten digitalen Bewegungsinformationen zu kategorisieren und somit eine Grundlage für die korrekte, automatisierte Ableitung von MTM-HWD-Analysen aus digitalen Bewegungs- daten zu legen. Eine solche Kategorisierung bildet die Grundlage für die Entwicklung einer allgemeingültigen Schnittstel- le für digitale Bewegungsdaten und Verfahren zur zeitlichen und ergonomischen Bewertung mensch- licher Arbeit. Diese Schnittstelle und die Prozess- sprache MTM werden zukünftig dabei unterstützen, auf Basis von digitalen Bewegungsdaten valide Planungsergebnisse zu erhalten. Das heißt im Um- kehrschluss, dass neben MTM-Planungs- und Aus- 1 s. Finsterbusch u. Kuhlang 2015, S. 3; Finsterbusch 2016, S. 80 2 s. Finsterbusch 2016, S. 15 3 s. Finsterbusch et al. 2016, S. 150 4 s. Kuhlang 2019, S. 9

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