UdZ 2-2017

45 UdZ – Unternehmen der Zukunft 2/2017 FIR-Forschungsprojekte Intelligentes Ersatzteilmanagement unter Berücksichtigung additiver On-Demand-Fertigung 3Dsupply: Entwicklung eines integrierten Dienstleistungs- konzepts für Logistikdienstleister in der Ersatzteilversorgung Mit konventionellen Produktions-, Lagerungs- und Lieferstrategien können die Erwartungen der Kunden im Bereich Wartung und Instandhaltung an eine ständige Verfügbarkeit individualisierter Komponenten von den Herstellern nicht erfüllt werden. Durch die Möglichkeit, bedarfsgerecht in unmittelbarer Nähe am Bedarfsort zu produzieren, besitzt der 3D-Druck das Potenzial, diese Herausforderung technologisch zu lösen. Kostenintensive Bevorratung oder unwirtschaft- liche Produktion kleiner Stückzahlen würden in vielen Fällen entfallen. Ziel des Forschungsvorhabens 3Dsupply ist es, Industrieunternehmen einen barrierefreien, zuverlässigen Zugang zur 3D-Produktion von Ersatzteilen zu verschaffen. Durch die Entwicklung eines integrierten Dienstleistungskonzepts sollen Logistikdienstleister dazu befähigt werden, durch die Einbindung additiver Fertigungsquellen ihr Leistungsspektrum in der Ersatzteillogistik zu erweitern. Das Projekt 3Dsupply wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 02K16C162 gefördert. V ersorgungsstrukturen in Wert- schöpfungsnetzwerken sind maßgeb- lich durch das Spannungsfeld zwischen Kapitalbindung und Materialverfügbarkeit gekennzeichnet. Besonders der Bereich der Ersatzteilversorgungsstrukturen ist dadurch geprägt – die durchschnittliche Kapitalbindung durch Ersatzteile im Ma- schinen- und Anlagenbau beträgt rund 10 Prozent des installierten Anlagenwertes [1]. Dennoch beläuft sich die Verfügbarkeit für A-Teile auf nur 77 Prozent und im Durch- schnitt wird für alle Ersatzteile sogar nur eine Verfügbarkeit von 62 Prozent er- reicht [2]. Zugleich steigen die Aufwände für die Produktion von Ersatzteilen, weil die Komplexität und Individualität von Maschinen und Anlagen im Zuge von Industrie 4.0 weiter ansteigen wird. Somit ist ein deutlicher Trend hin zu geringen Stückzahlen und dafür einer höheren Varianz von Ersatzteilen zu erkennen, wo- durch Produktions- und Lagerkosten stei- gen. Die stetig wachsenden Erwartungen der Kunden im Bereich Wartung und In- standhaltung an jederzeitige Verfügbarkeit auch individualisierter Komponenten kann von Seiten der Hersteller zukünftig nicht mehr ausschließlich über konventionelle Produktions-, Lagerungs- und Liefer- strategien erfüllt werden. Auch wenn aufgrund der spezifischen Eigenschaften und Anforderungen von Bauteilen und des Geschwindigkeits- nachteils der On-Demand-Fertigung im Vergleich zur Bevorratung eine vollstän- dige Verdrängung der konventionellen Ersatzteilfertigungs- und Lagerungs- strategien nicht zu erwarten ist, kann doch insbesondere für die Ersatzteilversorgung langlebiger Investitionsgüter großes Potenzial prognostiziert werden: So sind die Produkte im Maschinen- und Anlagenbau oder aus der Herstellung von Massentransportsystemen häufig durch eine lange Lebensdauer bei gleichzeitig ho- her Individualität und Komplexität gekenn- zeichnet. Zugleich verursachen Ausfälle häufig hohe Kosten im Gesamtsystem. Hersteller sind somit gezwungen, umfang- reiche Ersatzteilbestände zu finanzieren. Zur Veranschaulichung dieses Problems hier ein Beispiel aus unserem Projekt: Ein typisches Schienenfahrzeug un- seres Projektpartners Alstom Transport DeutschlandGmbH 1 bestehtausetwa20000 verschiedenen Teilen. Aufgeteilt auf 10 ver- schiedene Schienenfahrzeug-Plattformen ergibt sich bei Alstom ein Sortiment von 200 000 000 verschiedenen Teilen. Etwa 50 Prozent der Ersatzteilbestellung sind dabei nicht wiederkehrende Anfragen. Alstom beziffert das Einsparpotenzial auf mindestens 100000Ersatzteile,wennnur in 0,1 Prozent der Fälle eine additive On- Demand-Produktion erfolgen könnte. Bei der zu erwartenden fortschreiten- den Marktdurchdr ingung der addi- tiven Fertigungstechnologien können Konsequenzen für die Logistikbranche unmittelbar prognostizier t werden. Die Verlagerung der Produktion hin zum Bedar fsort führt zu geringeren Transportdistanzen (Near-Sourcing) und weniger Lager-/Puffervorgängen. De- zentrale Produktion über multiple Produzenten ist zwar mit sinkendem Trans- portbedarf verbunden, verschärft aber gleichzeitig die Problematik, dass die kor- rekte Information schnellstmöglich zum richtigen Empfänger gelangt. Der nötige Wandel des Unternehmens hin zu einem Informationsdienstleister(IDL) istdamiteine offensichtliche, logische Folge.

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